Dr. Jens Brandenburg

Berufsorientierung im Corona-Lockdown

In einer Kleinen Anfrage haben wir die Bundesregierung zur Berufsorientierung während der Corona-Pandemie befragt. Die Zahlen sind wirklich alarmierend. Im Lockdown wurde etwa ein Drittel der Berufsberater für die Bearbeitung von Kurzarbeitsanträgen abgezogen. Zudem fanden 40 Prozent weniger Werkstatttage im bundesweiten BOP statt als vor Corona. Jens Brandenburg, Sprecher für berufliche Bidung der FDP-Bundestagsfraktion, erklärt dazu:

„Die Bundesregierung macht sich einen schlanken Fuß, wenn sie lediglich auf digitale Angebote der Bundesagentur für Arbeit verweist. Vor Ort gibt es oft gute Ansätze, aber der Bundesregierung fehlt bis heute eine funktionierende Strategie für eine krisensichere Berufsorientierung. Sie tappt im Dunkeln und kann nicht einmal abschätzen, wie viele Praktika und Ausbildungsmessen dem Lockdown zum Opfer gefallen sind. Das ist erschreckend. Viel zu lange hat die Bundesregierung die Berufsorientierung im Lockdown vernachlässigt. Nach über einem Jahr der Pandemie haben die Bund-Länder-Gespräche offenbar kein einziges Ergebnis zur Stärkung der Berufsorientierung erreicht. Gute Ergebnisse würde die Regierung sicher nicht hinter dem scheinheiligen Vorwand der Vertraulichkeit verstecken.

Der völlige Zusammenbruch der Berufsorientierung im vergangenen Jahr darf sich nicht wiederholen. Viele Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt, weil sich zu wenige Schulabgänger bewerben. Wie sollen sich denn junge Menschen für eine Ausbildung begeistern, wenn flächendeckend Praktika, Ausbildungsmessen und Berufsorientierungsprogramme ausfallen und digitale Angebote kaum genutzt werden? Bund und Länder müssen jetzt gemeinsam mit den Schulen und Betrieben alles dafür tun, persönliche Kontakte zur Berufsorientierung zu ermöglichen. Digitale Formate sind eine wichtige Ergänzung, können den persönlichen Eindruck einer Werkshalle aber nicht ersetzen. Mit entsprechenden Hygienekonzepten sollten Praktika und kleine Ausbildungsmessen wieder möglich sein. In den Abschlussklassen sollten Azubi-Botschafter aus ihrer eigenen Ausbildung berichten. Sie sind authentischer als jede Hochglanzbroschüre. Vor allem aber sollte die Bundesregierung endlich offensiv für die berufliche Ausbildung werben. In vielen Branchen werden auch in der Krise händeringend motivierte Auszubildenden gesucht. Die Chancen stehen gut, also bewerbt Euch!“