Offener Brief an Justizministerin Lambrecht zum Abstammungsrecht
Nach den Urteilen des Oberlandesgerichtes Celle und des Berliner Kammergerichtes, die das Abstammungsrechts in § 1592 BGB für verfassungswidrig halten, haben Katrin Helling-Plahr und ich einen offenen Brief an Justizministerin Christine Lambrecht geschrieben. Darin fordern wir die Ministerin auf, das Abstammungsrecht endlich zu reformieren.
Katrin Helling-Plahr, Expertin für Rechtspolitik und Mitglied im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, erklärt dazu:
„Nach jahrelangen Debatten hat Bundesjustizministerin Christine Lambrecht im Sommer letzten Jahres medienwirksam eine Reform angekündigt. Jetzt müssen den Worten Taten folgen.Immer mehr Gerichte gehen davon aus, dass unser Abstammungsrecht verfassungswidrig ist. Die Bundesregierung darf eine Reform nicht länger auf die lange Bank zu Lasten vieler Regenbogenfamilien schieben. Noch besteht die Möglichkeit eine Reform in dieser Wahlperiode zu verabschieden, aber es ist kurz vor zwölf.
Die Einführung einer automatischen Mit-Mutterschaft muss mit der Einführung der rechtlichen Mehrelternschaft ergänzt werden. Denn mehrelternschaftliche Konstellationen sind längst gesellschaftliche Realität. Bisherige Reformvorschläge haben eine rechtliche Abbildung der Mehrelternschaft jedoch vermissen lassen, mit der Folge, dass stets ein Elternteil auf dem Rücken der Kinder ausgebootet worden wäre.Wir sind gerne bereit die Ministerin zu unterstützen. Wir haben konkrete Vorstellungen, wie ein modernes Familienrecht aussehen sollte. Kinder brauchen stabile rechtliche Beziehungen und Bindungskontinuität von Anfang an. Unser Recht muss endlich der gesellschaftlichen Realität angepasst werden.“
Dr. Jens Brandenburg, LSBTI-politischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, ergänzt:
„Regenbogenfamilien verdienen nicht neue Hürden, sondern Respekt und Akzeptanz. Es ist höchste Zeit, dass lesbischen Elternpaaren nun endlich die aufwändige Stiefkindadoption erspart bleiben soll. Sie belastet Zwei-Mütter-Familien und schafft Rechtsunsicherheit für das Kind. Die Rechte schwuler Väter dürfen bei der Reform aber nicht unter die Räder geraten. Das Adoptionsrecht sollte alle Konstellationen von Regenbogenfamilien stärken. Wenn ein schwules und ein lesbisches Paar ein Kind zeugen und gemeinsam erziehen wollen, soll sich der leibliche Vater die Elternschaft nicht erst vor Gericht erstreiten müssen. Mehrelternfamilien und frühe Elternschaftsvereinbarungen müssen zum Wohle des Kindes endlich anerkannt werden. Das Familienrecht muss der Lebenswirklichkeit der Menschen gerecht werden, nicht umgekehrt. Justizministerin Lambrecht muss nach dem Celler Urteil nun endlich eine Reform des Abstammungsrechts auf den Weg bringen.“
Offener Brief an Justizministerin Lambrecht.pdf (117.94 KB)