Statement zur aktuellen Migrationspolitik
Deutschland braucht mehr Kontrolle und Steuerung in der Migration. Eine geregelte Migrationspolitik, die Fachkräfte willkommen heißt, gut integrierte Flüchtlinge unterstützt und Menschen ohne Bleiberecht schneller zurückführt. Vom Fachkräfteeinwanderungsgesetz über die Einstufung sicherer Herkunftsstaaten bis zum Ausreisegewahrsam haben wir Freie Demokraten in dieser Wahlperiode wichtige Maßnahmen durchgesetzt. Die Zahl der Asylgesuche ist seitdem deutlich rückläufig. Aber das reicht noch nicht. Für weitere Veränderungen, die mit SPD und Grünen nicht mehr umsetzbar waren, braucht es eine neue Regierungsmehrheit.
Viele Menschen erwarten eine stärkere Handlungsbereitschaft der Politik in Migrationsfragen, mehr Ordnung und Kontrolle. Das ist berechtigt und dringend erforderlich. Zugleich besteht ein berechtigtes Anliegen, sich dabei nicht von rechtsextremen Parolen oder Parteien vereinnahmen zu lassen. Ein wichtiges und vertrauensstärkendes Signal wäre gewesen, einen starken Beschluss mit einer klaren Mehrheit aus der Mitte der demokratischen Parteien zu erreichen. Das ist leider nicht gelungen und das schmerzt mich sehr.
In der letzten Sitzungswoche des Deutschen Bundestages standen mehrere migrationspolitische Initiativen zur Abstimmung. Der in der Wirkung stärkste Antrag der FDP-Fraktion (https://dserver.bundestag.de/btd/20/147/2014713.pdf) umfasste u. a. die Forderungen, Sozialleistungen bei Ausreisepflicht zu kürzen und Gelder der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nur an Staaten zu zahlen, die auch in der Migrationspolitik mit uns kooperieren. Der Antrag fand leider keine Mehrheit und wurde von CDU/CSU, SPD und Grünen abgelehnt. Die Unionsfraktion hat deutlich weniger weitreichende Anträge gestellt und war auch unserer Fraktion gegenüber nicht zu inhaltlichen Verhandlungen bereit. Im Kern der öffentlichen Berichterstattung stand ein fünf Punkte umfassender Entschließungsantrag der Union am Mittwoch und ein Gesetzentwurf am Freitag.
Verantwortlich für diese schwierige Lage im Parlament ist zunächst Olaf Scholz, der im Zuge des Koalitions-Aus unser Angebot eines geordneten Verfahrens bis zu zügigen Neuwahlen brüsk abgelehnt hat. Und Friedrich Merz, der sein eigenes Versprechen, keine Anträge mit Zufallsmehrheiten mit der AfD aufzusetzen, gebrochen hat und gleichzeitig nicht zu inhaltlichen Verhandlungen mit anderen Fraktionen bereit war. So schafft man keine Mehrheiten im Parlament. Und es zeigt, wie dringend Deutschland wieder eine neue und stabile Mehrheitsregierung braucht.
Dem Entschließungsantrag am Mittwoch hat meine Fraktion zugestimmt. Das war eine sehr schwierige Abwägung, da so erstmals eine Mehrheit erst durch Zustimmung der AfD zustande kam. Besonders wichtig war der FDP-Fraktion aber das übergreifende Signal an die Bevölkerung, dass wir eine neue Migrationspolitik wollen und jederzeit dazu bereit sind.
Am Freitag, als es um die Abstimmung des vorliegenden Gesetzentwurfs ging, haben sich die Freien Demokraten – als einzige Fraktion – nochmals dafür eingesetzt, dass es in dieser schwierigen Lage Verhandlungen zwischen den demokratischen Fraktionen gibt, um eine gemeinsame Lösung in der so dringenden Migrationsfrage zu finden. Meiner Fraktion und insbesondere Christian Lindner und Christian Dürr bin ich sehr dankbar, dass sie am Freitag in schwieriger Lage nochmals mit aller Kraft versucht haben, eine Mehrheit in der Mitte des Parlaments zu organisieren. Die beiden haben politische Größe gezeigt, als sich Olaf Scholz, Friedrich Merz und Robert Habeck in gegenseitiger Blockade verhakten. Dennoch ist diese Einigung leider an SPD und Grünen gescheitert. Sie waren nicht einmal bereit, über Forderungen zu verhandeln, die der Bundeskanzler und die Ministerpräsidenten aller Parteifarben in der Ministerpräsidentenkonferenz längst beschlossen hatten. Die FDP hat eine gute Brücke angeboten, war auch zu Kompromissen bereit. Aber ein reines Weiter-so in der Migrationspolitik kann nicht die Lösung sein. So wird die demokratische Mitte ihrer Verantwortung nicht gerecht, eine vertane Chance. Das beschämt mich sehr.
Nachdem unsere ausgestreckte Hand ausgeschlagen wurde und klar war, dass ein Kompromiss nicht mehr möglich würde, hat meine Fraktion nach schwieriger Abwägung auch dem Gesetzentwurf der Union zugestimmt. Diese schwierige Abwägung habe ich für mich persönlich anders beantwortet und - wie auch zum Entschließungsantrag der Union am Mittwoch - nicht an der Abstimmung teilgenommen. Zwar unterstütze ich den Gesetzentwurf inhaltlich zu 100 Prozent und teile auch das gewünschte Signal zu mehr Ordnung und Kontrolle in der Migration. Einen gemeinsamen Beschluss erst durch Zustimmung einer rechtsradikalen Partei aber hätte ich mir noch im hohen Alter vorgeworfen. Jeder Abgeordnete ist nach dem Grundgesetz frei in seiner Entscheidung. Ich verstehe jeden Kollegen, der in dieser schwierigen Abwägung zu einem anderen Ergebnis kommt. Niemand hat sich das leicht gemacht und ich stehe zu dieser höchstpersönlichen Gewissensfrage. Meine Kritik galt ausschließlich dem Verfahren, nicht dem Inhalt des Gesetzentwurfs.
An der Rechtslage und der tatsächlichen Migrationspolitik ändern beide Abstimmungen nichts. Der Entschließungsantrag hatte lediglich Symbolcharakter. Der ohnehin bereits sehr kleine Gesetzentwurf – der beschlossen worden wäre, hätten denn alle Unionsabgeordneten zugestimmt – wäre letztlich im Bundesrat gescheitert. Denn die Ministerpräsidenten der CDU hatten bereits angekündigt, dem Gesetz nach einer solchen Abstimmung nicht zuzustimmen. Für eine tatsächliche Veränderung braucht es eine neue und reformbereite Mehrheitsregierung aus der Mitte des Parlaments.
Insgesamt war das eine sehr enttäuschende Woche. Die Blockade durch SPD und Grüne sowie das fehlende Verhandlungsgeschick von Friedrich Merz sind nur ein kleiner Vorgeschmack, welcher Stillstand Deutschland mit einer erneuten Groko oder Schwarz-Grün droht. Insbesondere der Freitag hat bewiesen, dass die Union mit SPD oder Grünen allein nicht vorankommt. Für eine echte Veränderung in der Migrationspolitik braucht es eine starke FDP im nächsten Deutschen Bundestag. Wir sind bereit und haben noch umfassendere Vorschläge vorgelegt. Die Entscheidung liegt nun bei den Wählerinnen und Wählern am 23. Februar.